Österreich: spanische „títulos propios“ beschäftigen die AQ Austria und das Bundesverwaltungsgericht

In meinem Blog habe ich schon einmal mit der Frage der títulos propios beschäftigt:

nun beschäftigen sich die AQ Austria und das Bundesverwaltungsgericht damit.

Strittig ist die Frage, ob die AQ Austria in Österreich tätigen Ausbildungspartnern spanischer Hochschulen die Meldung in Österreich durchgeführter Studiengänge bzw. Weiterbildungsangeboten verweigern kann, diese also in Folge nicht (mehr) auf der AQ-Webpage verzeichnet werden.

Ausländische Bildungseinrichtungen dürfen auf der Grundlage von § 27 des Hochschul-Qualitätssicherungsgesetzes (HS-QSG) in Österreich Studiengänge (nur) durchführen,

  • soweit diese Bildungseinrichtungen in ihrem Herkunfts- bzw. Sitzstaat als postsekundär im Sinne des § 51 Abs 2 Z 1 UG anerkannt sind und
  • die Studiengänge mit österreichischen Studien und akademischen Graden vergleichbar sind.

Nach positiver Absolvierung des Meldeverfahrens erfolgt die Aufnahme der Bildungseinrichtung und ihrer Studien in das Verzeichnis gemäß § 27 Abs 6 HS-QSG.

Ist das Meldeverfahren positiv entschieden, dürfen die Bildungseinrichtungen den Studienbetrieb in Österreich aufnehmen und durchführen

Anbieter ausländischer Studiengänge sind daher daran interessiert, in das AQ-Verzeichnis aufgenommen zu werden, um

  • damit in Österreich den Studienbetrieb aufnehmen und durchführen zu können und
  • damit zu vermeiden, dass die AQ einen Lehrbetrieb ausländischer Bildungsanbieter mit dem Verweis darauf versagt, dieser sei mit österreichischen Studien und akademischen Graden vergleichbar.

Wichtig zu beachten ist auch, dass „mit der Meldung der ausländischen Studiengänge und der Aufnahme in das Verzeichnis ist keine Feststellung der Gleichwertigkeit mit österreichischen Studiengängen und entsprechenden österreichischen akademischen Graden verbunden. Die Studiengänge und akademischen Grade gelten als solche des Herkunfts- bzw. Sitzstaates der ausländischen Bildungseinrichtung.“

Weder mit einer Aufnahme ausländischer Bildungsangebote in das AQ-Verzeichnis oder der Erlaubnis zur Führung eines ausländischen akademischen Grades in Österreich ist ein Recht zur Berufsausübung (effectus civilis) verbunden:

Die Frage, die sich mir stellt, ist nun jene, hat die AQ Austria österreichische Anbieter, die in Kooperation mit spanischen Hochschulen in Österreich Weiterbildung anbieten, die mit einem „titulo propio“ abgeschlossen werden, überhaupt zu verzeichnen?

Antwort: nein

Mit einem Weiterbildungsangebot, das mit einem „titulo propio“ abgeschlossen wird, handelt es sich nicht um einen Studiengang, der mit österreichischen Studien und akademischen Graden vergleichbar ist.

Spannend für mich dabei auch:

mit der Frage: „Können ausländische Weiterbildungsstudiengänge, im Rahmen derer (lediglich) Teilqualifikationen erworben werden, mit österreichischen Studien im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 2 HS-QSG vergleichbar sein?“ beschäftigt sich die Judikative in Kürze auf Grund dieser Rechtsfrage – polnische Weiterbildungsgrade – betreffend auch noch.

Warum ist ein spanischer „título propio“ nicht mit einem österreichischen akademischen Grad vergleichbar?

Den spanischen Universitäten werden durch Art. 3 (Autonomie der Universitäten) des spanischen Hochschulrchts (Ley Orgánica 2/2023, de 22 de marzo, del Sistema Universitario) unter Ziffer 2 folgende Rechte eingeräumt:

  • Die Ausarbeitung und Genehmigung von Studienplänen, die zur Verleihung offizieller universitärer Bachelor- oder Mastergrade oder zur Verleihung eigener Grade (= títulos propios) führen, sowie das Angebot von Promotionsprogrammen. Im spanischen Gesetzestext: g) La elaboración y aprobación de planes de estudio conducentes a la obtención de títulos universitarios oficiales de Grado o de Máster Universitario, o que conduzcan a la obtención de títulos propios, así como la oferta de programas de Doctorado.
  • Die Ausstellung von Diplomen, die der offiziellen Universitätsausbildung entsprechen, sowie von eigenen Diplomen (= títulos propios), einschließlich des lebenslangen Lernens. Im spanischen Gesetzestext: h) La expedición de los títulos correspondientes a las enseñanzas universitarias de carácter oficial, así como de títulos propios, incluida la formación a lo largo de la vida.

Der Art. 6 regelt mit der Ziff. 6: Die universitäre Lehre und Ausbildung gliedern sich

  • zum einen in die offiziellen, in ganz Spanien gültigen Abschlüsse Bachelor, Master und Doktor und
  • zum anderen in die Abschlüsse, die in den eigenen Studiengängen der Universität angeboten werden.

In beiden Fällen können diese Abschlüsse als gemeinsame Abschlüsse zwischen spanischen Universitäten oder zwischen spanischen und ausländischen Universitäten organisiert sein.

Die Abschlüsse können auch gemeinsam von den Hochschulen und der öffentlichen Verwaltung eingerichtet werden, um ihren Inhalt auf die besonderen Merkmale und Bedürfnisse bestimmter Gruppen auszurichten.

(Im Original: La docencia y la formación universitarias se estructuran, por una parte, en la docencia oficial con validez y eficacia en todo el Estado, configurada por los títulos de Grado, Máster Universitario y Doctorado, y, por otra parte, en la articulada en los títulos propios. En ambos casos, dichas titulaciones podrán organizarse como titulaciones conjuntas entre universidades españolas o entre universidades españolas y extranjeras. Los títulos propios también podrán establecerse conjuntamente entre universidades y la Administración Pública, con la finalidad de orientar su contenido a las características y necesidades específicas de determinados colectivos.

Der Art. 7 präzisiert noch einmal den Unterschied offizieller staatlicher Hochschulabschlüsse und hochschuleigener Abschlüsse:

  1. Die Universitäten bieten Studiengänge an, die zur Verleihung staatlicher Hochschulabschlüsse führen, die im gesamten Staat gültig und wirksam sind, und können Studiengänge anbieten, die zur Verleihung eigener Abschlüsse führen, einschließlich der Studiengänge für lebenslanges Lernen, und zwar unter den in den Verordnungen festgelegten Bedingungen.
  2. Die Universitäten bieten Studiengänge an, die zur Verleihung staatlicher Hochschulabschlüsse führen, die im gesamten Staat gültig und wirksam sind, und können Studiengänge anbieten, die zur Verleihung eigener Abschlüsse führen, einschließlich der Studiengänge für lebenslanges Lernen, und zwar unter den in den Verordnungen festgelegten Bedingungen.
  3. Alle Hochschulabschlüsse müssen den im Europäischen Hochschulraum festgelegten Qualitätsstandards entsprechen.
  4. Offizielle Universitätsabschlüsse müssen in das Register der Universitäten, Zentren und Abschlüsse eingetragen werden. Diese Eintragung hat konstitutive Wirkung im Hinblick auf die Schaffung offizieller Hochschulabschlüsse und gilt als erster akkreditierter Abschluss für die festgelegten rechtlichen und regulatorischen Zwecke. Zu Informationszwecken können auch andere nicht offizielle Abschlüsse eingetragen werden.

Die Regierung regelt das Verfahren und die Bedingungen für die Eintragung von Hochschulabschlüssen.

  • Universitäten und andere Hochschuleinrichtungen stellen sicher, dass die Bezeichnung oder das Format ihrer eigenen Abschlüsse im Vergleich zu den offiziellen Universitätsabschlüssen nicht irreführend ist. Die Hochschulen informieren die Studierenden über den offiziellen Charakter ihrer Abschlüsse.
  • Lebenslanges Lernen kann durch verschiedene Lernmodalitäten entwickelt werden, einschließlich Mikrozertifikaten, Mikromodulen oder anderen Kurzprogrammen.

Im Original:

Artículo 7. Los títulos universitarios.

1. Las universidades impartirán enseñanzas conducentes a la obtención de títulos universitarios oficiales, con validez y eficacia en todo el Estado, y podrán impartir enseñanzas conducentes a la obtención de títulos propios, incluidos los de formación a lo largo de la vida, en los términos establecidos reglamentariamente.

2. Todos los títulos universitarios deberán reunir los estándares de calidad establecidos en el Espacio Europeo de Educación Superior.

3. Los títulos universitarios de carácter oficial deberán inscribirse en el Registro de Universidades, Centros y Títulos. Esta inscripción tendrá efectos constitutivos respecto de la creación de títulos universitarios oficiales y llevará aparejada la consideración inicial de título acreditado a los efectos legal y reglamentariamente establecidos. Podrán, igualmente, inscribirse otros títulos no oficiales a efectos informativos.

El Gobierno regulará el procedimiento y las condiciones para la inscripción de los títulos universitarios.

4. Las universidades y otros centros de estudios superiores deberán evitar que la denominación o el formato de sus títulos propios puedan inducir a confusión con respecto a los títulos universitarios oficiales. Las universidades deberán informar al estudiantado del carácter oficial o propio de sus títulos.

5. La formación a lo largo de la vida podrá desarrollarse mediante distintas modalidades de enseñanza, incluidas microcredenciales, micromódulos u otros programas de corta duración.

Im Art. 8 (offizielle Universitätsabschlüsse) Artículo 8. Los títulos universitarios oficiales. werden die títulos propios demnach auch nicht erwähnt.

Alle diese Ausführungen sagen natürlich nichts über die Qualität der Lehrinhalte in mit títulos propios abgschlossenen hochschuleigenen Weiterbildungsangeboten aus.

Diese ist in Spanien oft eine sehr hohe und die Absolvent:innen werden vom Arbeitsmarkt auch hoch geschätzt.

Aber die Qualität einer Aus- oder Weiterbildung oder auch die Förderung solcher Angebote durch den Staat – auch in Österreich werden z.B. die Meisterprüfung oder hochschuleigene Zertifikatslehrgänge gefördert, sind in Bildungskarenz und Bildungsteilzeit absolvierbar – sagt nicht über deren Rechtsnatur aus oder machen sie dadurch zu Studienabschlüssen oder hochschuleigene Bezeichnungen zu akademischen Graden.

Österreichische akademische Grade in der Weiterbildung sind in Österreich offiziell anerkannte akademische Grade und werden auch in öffentliche Urkunden eingetragen.

Die Eintragung der „título propio“ in öffentliche Urkunden ist meiner Meinung nach auch nicht möglich, da es sich nicht um staatlich anerkannte akademische Grade in Spanien handelt, sondern um hochschuleigene Abschlussbezeichnungen, die auch nach österreichischen Zertifikatslehrgängen von Hochschulen verliehen und mit ECTS belegen werden können.

Ich bin schon sehr gespannt, wie die österreichischen Gerichte die Streitfrage der Rechtsnatur der spanischen „título propio“ entscheiden werden.

In Deutschland beantwortet anabin (das deutsche Infoportal zu ausländischen Bildungsabschlüssen) diese Frage so:

AbschlusstypMáster (Título Propio)
AbschlussklassePGS
KommentarLaut Artikel 34 der „Ley Orgánica 6/2001, de 21 de diciembre, de Universidades“ können spanische Hochschulen staatlich anerkannte Titel (Títulos Oficiales) mit landesweiter Gültigkeit verleihen. Daneben können sie aber auch „otros títulos“, d.h. hochschuleigene Titel (Títulos Propios) verleihen. Diese Titel sind nicht Bestandteil des spanischen Hochschulqualifikationsrahmens. Hochschuleigene Abschlüsse dürfen nicht mit staatlich anerkannten Abschlüssen (Títulos Oficiales) verwechselt werden. Staatlich anerkannte Abschlüsse der zweiten Bologna-Ebene tragen daher die Bezeichnung „Máster Universitario“ mit Angabe der Fachrichtung und der Hochschule. Die Abschlussurkunde wird vom Rektor der Universität im Namen des spanischen Königs ausgestellt. Oft handelt es sich bei den „Títulos Propios“ um Abschlüsse von Zusatz-, Aufbau- und Ergänzungsstudien, die im Rahmen des lebenslangen Lernens (Formación Permanente) verliehen werden. Da es hochschuleigene Abschlüsse sind, definieren die Hochschulen selber die Studienprogramme; dies allerdings unter Beachtung eines gesetzlichen Rahmens. Die Abschlussbezeichnung „Máster“ erfordert – wie bei dem Master als „Título Oficial“ –  mindestens 60 ECTS. Doch verleiht ein hochschuleigener Master keine konkreten Berechtigungen in akademischer oder in beruflicher Hinsicht. D.h. er eröffnet weder den Zugang zur Promotion noch zu reglementierten Berufen. Hochschuleigene Abschlüsse sind nicht vom deutsch-spanischen Äquivalenzabkommen (Deutsch-spanisches Abkommen über die Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich) vom 14.11.1994 erfasst.

Fragen zum Beitrag, zu weiteren interessanten Studienangeboten und Lehrgängen bitte an martin.stieger@viennastudies.com

Prof. Dr. Dr. Martin Stieger

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Ein Gedanke zu „Österreich: spanische „títulos propios“ beschäftigen die AQ Austria und das Bundesverwaltungsgericht

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