Qualifikationsbezeichnung „Ingenieur“ auch für Absolventen bestimmter Meister- bzw. Befähigungsprüfungen

Die Qualifikationsbezeichnung „Ingenieurin“ („Ingenieur“) ist eine in der österreichischen Wirtschaft anerkannte und geschätzte Qualifikation.

Durch die Zuordnung zum Level 6 des Nationalen Qualifikationsrahmens ist das mit dieser Qualifikation verbundene Kompetenzniveau europaweit vergleichbar.

Das bringt Vorteile bei Bewerbungen und Jobs im In- und Ausland sowie bei internationalen Projekten. 

Um die Ingenieur-Qualifikation zu erlangen, sind die im IngG[1] definierten formalen Voraussetzungen zu erfüllen.

Zu den formalen Voraussetzungen zählen das Vorhandensein eines bestimmten Bildungsabschlusses sowie der Umfang, das Ausmaß, der Zeitpunkt und die Art der Praxis

Dazu ist im IngG u.a. festgelegt: 

Berufliche Qualifikation, die in fachlicher Hinsicht mit den Inhalten eines HTL-Abschlusses vergleichbar ist z.B.   Werkmeisterabschluss, bestimmte Meister– bzw. Befähigungsprüfungen  

Zu den formalen Voraussetzungen zählen konkret

  • das Vorhandensein eines bestimmten Bildungsabschlusses sowie
  • der Fachbezug,
  • die Anzahl der Jahre,
  • das wöchentliche Stundenausmaß und
  • der Zeitpunkt des Erwerbs der Praxis.

Mit folgenden Bildungsabschlüssen erfüllen Sie diesen Teil der formalen Voraussetzungen:

  • Reife- und Diplomprüfung einer höheren technischen und gewerblichen Lehranstalt (HTL) oder
  • einer HTL-Sonderform (Kolleg, Aufbaulehrgang)[2] oder
  • Abschluss einer ausländischen Schule, der in Inhalt und Niveau einer HTL-Reife- und Diplomprüfung entspricht, oder
  • anderer (Nicht-HTL) höherer technischer Bildungsabschluss, der in Inhalt und Niveau mit einem HTL-Abschluss vergleichbar ist (z.B. Werkmeisterabschluss, bestimmte Meister– bzw. Befähigungsprüfungen)

UND

  • Abschluss einer Reifeprüfung (Berufsreifeprüfung oder Reifeprüfung einer allgemeinbildenden bzw. berufsbildenden höheren Schule)

Sohin können auch AbsolventInnen

mit entsprechendem Praxisnachweis[3] in Kombination mit einer positiv absolvierten Reifeprüfung – folgende Formen der Reifeprüfung werden dabei anerkannt:

um die Zertifizierung der Qualifikationsbezeichnung „Ingenieurin“ („Ingenieur“) ansuchen.

Rückfragen: martin.stieger@liwest.at

Prof. Dr. Dr. Martin Stieger

hält eine Professur für Berufsbildung und Wirtschaftspädagogik an der Hochschule Allensbach in Konstanz und leitet VIS Vienna International Studies

VIS – Vienna International Studies https://viennastudies.com/

„Ingenieurin“ und „Ingenieur“

§ 1. Die Qualifikationsbezeichnungen „Ingenieurin“ und „Ingenieur“ dienen dem Nachweis, dass die Inhaberin oder der Inhaber komplexe berufliche Tätigkeiten bzw. Projektleitungen unter Anwendung fortgeschrittener Kenntnisse und Fertigkeiten gemäß den Deskriptoren des Nationalen Qualifikationsrahmens (Anhang 1 des NQR-Gesetzes, BGBl. I Nr. 14/2016) in ihrem bzw. seinem jeweiligen technischen und gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Arbeitsbereich durchgeführt hat. Zur Erlangung müssen die Voraussetzungen gemäß § 2 erfüllt und das Fachgespräch gemäß den §§ 5 oder 6 erfolgreich absolviert worden sein.


[1] Bundesgesetz über die Qualifikationsbezeichnungen „Ingenieurin“ und „Ingenieur“ (Ingenieurgesetz 2017 – IngG 2017) StF: BGBl. I Nr. 23/2017

[2] Bitte beachten Sie: Wenn Sie ein Kolleg absolvieren, schließen Sie dieses mit einer Diplomprüfung ab. In Kombination mit Ihrer zuvor erworbenen Reifeprüfung (die eine Zugangsvoraussetzung für das Kolleg darstellt) entspricht dieser Abschluss dem HTL-Abschluss in der Langform. Als Nachweis für die Ingenieur-Zertifizierung müssen Sie nur das Diplomprüfungszeugnis des von Ihnen besuchten Kollegs mit Ihrem schriftlichen Antrag abgeben, nicht aber Ihr Reifeprüfungszeugnis. Wenn Sie eine Berufsreifeprüfung (BRP) an einer HTL gemacht haben, verfügen Sie nicht über einen HTL-Abschluss. Mit dem BRP-Zeugnis wird Ihnen zwar eine höhere Allgemeinbildung bescheinigt, Sie benötigen aber noch einen höheren technischen Bildungsabschluss, um die formalen Voraussetzungen zum Bildungsabschluss für die Ingenieur-Zertifizierung zu erfüllen.

[3] sechsjährige, durchschnittlich mindestens 20 Wochenstunden umfassende, facheinschlägige Berufspraxis

29 Gedanken zu „Qualifikationsbezeichnung „Ingenieur“ auch für Absolventen bestimmter Meister- bzw. Befähigungsprüfungen

  1. martingstieger – Austria – doppelt promovierter Sozialwissenschafter; verheiratet, drei Kinder; in München geboren (1960); ich lebe und arbeite als Unternehmensberater in Wels (Oberösterreich), als Hochschullehrer in Konstanz (Baden-Württemberg) und Wien (Vienna) International Studies)
    martingstieger

    Ingenieur (Ing.) nach Meisterprüfung

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  13. Stefan Kühleitner

    Sehr geehrter Herr Prof. DDr. Stieger!

    Danke für die ausführliche Schilderung und Auflistung der Möglichkeiten.
    Eine Frage ist für mich jedoch offen geblieben:

    Ich habe den Abschluss „MBA“ bei der WWEDU gemacht – ohne Berufsreifeprüfung, ohne Matura.
    Zusätzlich habe ich 2 Werkmeisterschulen abgeschlossen (E- Technik und IT).

    Ist dies ausreichen für das Ansuchen zum Ing. Titel?
    Sie erwähnten ja, dass als Berufsreifeprüfung der Abschluss eines Masterstudiums zählt?

    Vielen Dank und beste Grüße,
    Stefan Kühleitner

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    1. martingstieger – Austria – doppelt promovierter Sozialwissenschafter; verheiratet, drei Kinder; in München geboren (1960); ich lebe und arbeite als Unternehmensberater in Wels (Oberösterreich), als Hochschullehrer in Konstanz (Baden-Württemberg) und Wien (Vienna) International Studies)
      martingstieger Beitragsautor

      Sehr geehrter Herr Kühleitner, MBA,

      mit Ihrer abgeschlossenen Werkmeisterausbildung und Ihrem MBA-Abschluss können Sie – immer den Nachweis der entsprechenden beruflichen Praxis vorausgesetzt – die Ing. Zertifizierung beantragen:
      https://www.wko.at/site/ingenieurzertifizierung/Startseite.html

      Von der Zertifizierungsstelle der WKO OÖ weiß ich, dass auch Lehrgänge universitären Charakters mit 60 ECTS als Ersatz der Reifeprüfung anerkannt werden:
      Ingenieur-Zertifizierungsstelle der WKO Oberösterreich
      Wiener Straße 150
      4021 Linz

      Ansprechperson:
      Ing. Erich Hofreiter
      T: 05/90 909-4035
      E: ingzert@wkooe.at

      Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen und grüße herzlich
      Martin Stieger

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    2. André Berns

      Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Stieger,

      ist die Anerkennung als Ingenieur mit deutscher Qualifikation möglich?

      Ich bin seit 2008 Metallbauermeister (HWK) und internationaler Schweisfachmann und seit 2018 sogar internationaler Schweißtechniker. War 5 Jahre selbstständig und seit 5 Jahren in leitender Anstellung.

      Über eine Antwort würde ich mich freuen.

      Freundliche Grüße vom unteren Niederrhein André Berns

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      1. martingstieger – Austria – doppelt promovierter Sozialwissenschafter; verheiratet, drei Kinder; in München geboren (1960); ich lebe und arbeite als Unternehmensberater in Wels (Oberösterreich), als Hochschullehrer in Konstanz (Baden-Württemberg) und Wien (Vienna) International Studies)
        martingstieger Beitragsautor

        Die Qualifikationsbezeichnung „Ingenieur/Ingenieurin“ ist auf Grundlage des IngG für Österreich und in Österreich lebende Ausländer gedacht.
        Deutsche Bundesbürger haben zudem zu berücksichtigen, dass in der Bundesrepublik Deutschland die Berufsbezeichnung „Ingenieur/ Ingenieurin“ durch gesetzliche Regelungen der Bundesländer geschützt ist. Die Führung der Berufsbezeichnung ist eine Form der Berufsausübung und setzt den erfolgreichen Abschluss eines naturwissenschaftlichen oder technischen Hochschulstudiums voraus.

        Nach dem Ingenieurgesetz der Deutschen Bundesländer darf die Berufsbezeichnung „Ingenieur/Ingenieurin“ führen, wer in Deutschland ein naturwissenschaftliches oder technisches Hochschulstudium mit der Dauer von mindestens drei Studienjahren erfolgreich absolviert hat.

        Wer im Ausland einen Studienabschluss als Ingenieurin oder als Ingenieur erworben oder eine Ingenieurausbildung absolviert hat, darf die Berufsbezeichnung „Ingenieur/Ingenieurin“ führen, wenn er von der zuständigen Bezirksregierung die Genehmigung hierzu erhalten hat. Die Genehmigung wird erteilt, wenn die im Ausland erworbene berufliche Qualifikation einem deutschen Ingenieurabschluss gleichwertig ist.

      2. André Berns

        Danke für die ausführliche Antwort. Dazu eine Rückfrage. Also ist es ausgeschlossen, dass ich von der BRD aus die Anerkennung in Österreich beantrage und nach ggf. positiven Verlauf die Anerkennung in der BRD beantragen könnte? Gruß André Berns

      3. martingstieger – Austria – doppelt promovierter Sozialwissenschafter; verheiratet, drei Kinder; in München geboren (1960); ich lebe und arbeite als Unternehmensberater in Wels (Oberösterreich), als Hochschullehrer in Konstanz (Baden-Württemberg) und Wien (Vienna) International Studies)
        martingstieger Beitragsautor

        ausgeschlossen ist die Antragstellung aus Deutschland in Österreich nicht. Sollten Sie beabsichtigen in Österreich zu arbeiten kann auch vom Ausland her ein Antrag gestellt werden.
        Ich weiß allerdings nicht, ob Ihre Bezirksregierung im Falle des Falles dann diese österreichische Qulifikationsbezeichnung einem deutschen Ing.-Abschluss gleichwertig anerkennt.
        Ich habe mich damit noch nicht beschäftigt.

    1. martingstieger – Austria – doppelt promovierter Sozialwissenschafter; verheiratet, drei Kinder; in München geboren (1960); ich lebe und arbeite als Unternehmensberater in Wels (Oberösterreich), als Hochschullehrer in Konstanz (Baden-Württemberg) und Wien (Vienna) International Studies)
      martingstieger Beitragsautor

      gerne

      Antworten
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  17. DK

    Sehr geehrter Herr Dr. Stieger,
    wie ist das mit BP Bauträger, Immobilienmakler und Verwalter und entsprechendem Lehrgang universitären Charakters mit 60 ects?
    Der Bauträger ersetzt Module des Baumeisters aber ist das „ausreichend technisch“?

    Mit besten Grüßen aus Korneuburg
    DK

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    1. martingstieger – Austria – doppelt promovierter Sozialwissenschafter; verheiratet, drei Kinder; in München geboren (1960); ich lebe und arbeite als Unternehmensberater in Wels (Oberösterreich), als Hochschullehrer in Konstanz (Baden-Württemberg) und Wien (Vienna) International Studies)
      martingstieger Beitragsautor

      herzlichen Dank für Ihre Frage.
      Mit einer Befähigungsprüfung Bauträger und einem positiv absolviertem Lehrgang universitären Charakters sowie einer entsprechenden sechsjährigen Berufspraxis ist die Zertifizierung zum Ingenieur möglich.
      Beste Grüße
      Martin Stieger

      Antworten
      1. André Berns

        Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Stieger,

        wären Sie so freundlich und würden meine Nachfrage vom 09.08.2023 auch noch beantworten?

        Viele Grüße

        André Berns

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