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Baden-Württemberg: Sechstes CyberSicherheitsForum

Foto: Innenminister Thomas Strobl bei der Eröffnung des sechsten CyberSicherheitsForums

Beim sechsten CyberSicherheitsForum standen die Risiken von Künstlicher Intelligenz im Bereich der Cybersicherheit im Fokus.

Künstliche Intelligenz (KI) hat das Potenzial, unser Leben ganz grundsätzlich zu verändern. Künstliche Intelligenz bietet enorme Chancen. Im Bereich der Cybersicherheit können damit beispielsweise ungewöhnliche Aktivitäten in Netzwerken frühzeitig entdeckt und dadurch Angriffe schneller abgewehrt oder ganz verhindert werden. Freilich gehen diese Chancen auch mit erheblichen Risiken und Gefahren einher. Daher ist es unsere Motivation, mit dem sechsten CyberSicherheitsForum eine Plattform zu schaffen, um uns genau zu diesem Thema auszutauschen und wichtige Akteure zu vernetzen. Denn auch bei Künstlicher Intelligenz gilt: Nur wer die Risiken kennt, kann sich gut schützen“, sagte der Stellvertretende Ministerpräsident und Digitalisierungsminister Thomas Strobl bei der Eröffnung des CyberSicherheitsForums 2024 (CSF).

Risiken von Künstlicher Intelligenz

Künstliche Intelligenz birgt auch das Potenzial, die Sicherheit zu bedrohen – etwa durch die Automatisierung von Angriffen oder die Erstellung von Deepfakes. Zum Beispiel können Kriminelle mithilfe von KI auch mit geringsten Fremdsprachenkenntnissen qualitativ hochwertige Phishing-Nachrichten erstellen. Bislang konnten betrügerische Nachrichten oftmals aufgrund von Rechtschreib- oder Grammatikfehlern erkannt werden. Das ist bei Nachrichten, die mithilfe von KI erstellt werden, oftmals nicht mehr möglich. Zudem ist KI bereits heute in der Lage, einfachen Schadcode massenhaft zu schreiben und Teile von Cyberangriffen zu automatisieren. „Cyberkriminelle nutzen KI, um ihre Angriffe raffinierter und schwerer erkennbar zu machen. Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass dieselbe Technologie, die uns schützt, auch gegen uns eingesetzt werden kann“, so Minister Thomas Strobl.

Staaten, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger sehen sich zunehmend mit einer Welle von Cyberangriffen, Datendiebstählen und Sabotageakten konfrontiert. Ob gezielte Phishing-Kampagnen oder Ransomware-Attacken – sie richten große Schäden an. Alleine in Deutschland belief sich die Schadenssumme für die deutsche Wirtschaft 2024, nach einer Studie des Branchenverbandes Bitkom, auf 266,6 Milliarden Euro. Die Bedrohungen von Cyberkriminellen können aber nicht nur erhebliche wirtschaftliche Schäden verursachen, sondern ganze Existenzen bedrohen oder die Stabilität der Gesellschaft gefährden.

Chancen für die Cyberabwehr

Claudia Plattner, Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), führte in Ihrer Keynote aus, dass KI und Cybersicherheit sich doppelt ergänzen: „Künstliche Intelligenz wirkt sich mehrdimensional auf die Bedrohungslage im Cyberraum aus. Cyberangriffe erfolgen mithilfe von KI-Tools schneller und professioneller; staatlich gelenkte Angreifer missbrauchen KI zum Beispiel für Desinformationskampagnen. KI birgt aber auch Chancen für die Cyberabwehr. Klar ist: Als Verteidiger müssen wir mit den Angreifenden Schritt halten, auch mit KI. Dabei kommt es erstens auf Geschwindigkeit an. Eine neue Schwachstelle zum Beispiel kann mithilfe von KI in kürzester Zeit ausgenutzt werden. Für uns heißt das: Wir müssen ebenso schnell und effizient verteidigen! Und dabei hilft wiederum KI. Zweitens müssen wir uns um den Zugang zu und den Umgang mit Informationen kümmern: KI-Systeme können leicht missbräuchlich genutzt werden – zum Beispiel in dem Sinne, dass sie sensible, schützenswerte Informationen preisgeben oder mit ihrer Hilfe falsche Informationen verbreitet werden. Um das zu verhindern, brauchen wir auch die technische Möglichkeit, Absender und Material als authentisch zu identifizieren. Drittens geht es bei KI immer um Technologiekompetenz: Im Bund und in den Ländern müssen wir sicherstellen, dass wir genügend Fachleute auf unserer Seite haben, die KI verstehen. Das ist – Stand heute – noch nicht der Fall. Die Expertise, die wir heute schon im Land haben, müssen wir so effizient wie möglich einsetzen. Doppel- beziehungsweise Mehrfachstrukturen können wir uns dabei nicht leisten.“

Unterstützung für Betriebe bei der Cyberabwehr

Prof. Dr. Christian Dörr vom Hasso-Plattner-Institut in Potsdam erklärte: „KI bietet zahlreich Chancen und Herausforderungen für Cybersicherheit. Aber das eigentliche disruptive Potenzial haben wir als Gesellschaft noch nicht ausreichend im Blick.“

Claus Paal, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart betonte: „Die IHK unterstützt die kleinen und mittleren Betriebe bei der Vorbeugung und Abwehr von Cyberangriffen. Inzwischen sind nicht nur die großen Unternehmen Ziel von Cyberkriminalität. Mehr und mehr erleben wir, dass auch kleine und mittlere Unternehmen betroffen sind. Ihnen widerfahren verstärkt Ausspähungen und Erpressungen mittels Attacken auf Computernetze, Software und Hardware. Wir bieten unseren Mitgliedsunternehmen unterschiedliche Veranstaltungen zur Abwehr von Internetkriminalität an, ergänzt wird unser Beratungsangebot durch den für jedes Unternehmen maßgeschneiderten CybersicherheitsCheck.“

Mehr als 1.000 Gäste

Das Cybersicherheitsforum hat sich in den letzten sechs Jahren zu einer etablierten Veranstaltung im Bereich der Cybersicherheit entwickelt. In diesem Jahr nahmen mehr als 1.000 Gäste sowohl vor Ort in den Räumlichkeiten der IHK Stuttgart als auch online an der Veranstaltung teil. Die Veranstaltung wird durch das Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen in Zusammenarbeit mit der IHK Region Stuttgart, dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus sowie der Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg, dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg und dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg ausgerichtet. Ziel des Cybersicherheitsforums ist es vorrangig, die Vernetzung und Kooperation von Expertinnen und Experten sowie Interessierten aus Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu fördern.

Minister Thomas Strobl erklärte dazu: „Mit dem diesjährigen Thema ‚Cybersicherheit und Künstliche Intelligenz – Chancen und Risiken‘ sind wir wieder einmal am Puls der Zeit. Die Plätze in Präsenz sind ausgebucht und wir verzeichnen eine Vielzahl an Online-Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Das zeigt: Der Bedarf und die Bereitschaft sich austauschen ist groß. Zukunft kann nur dort entstehen, wo wir zusammenstehen und unsere freiheitlich-demokratischen Werte sowie unsere Sicherheit verteidigen – jeden Tag aufs Neue. Digital und analog.

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WKO: KI-Guidelines für KMU

Empfehlungen zum positiven Umgang mit künstlicher Intelligenz

Um kleine und mittlere Unternehmen (KMU) dabei zu unterstützen, das Potenzial von KI-Anwendungen für den eigenen Betrieb zu entdecken und fit für die Nutzung der Schlüsseltechnologie der kommenden Jahrzehnte zu werden, hat die WKO einen umfassenden Leitfaden entwickelt.

Er soll bei der Nutzung und Integration von KI-Anwendungen unterstützen und wichtige Aspekte des Einsatzes einfach erklären.

Die enthaltenen Muster-Richtlinien für Mitarbeitende sollen KMU als Grundlage dienen, um individuelle Guidelines zur Nutzung von KI-basierten Anwendungen im Unternehmen zu entwickeln.

Sie sollten an die Unternehmenserfordernisse angepasst werden und helfen dabei, eine verständliche Vereinbarung zur Nutzung von KI-Anwendungen mit den Mitarbeiter:innen zu treffen.

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Baden-Württemberg: KI-Unternehmen in Europa stärken

Foto: Cedric PUISNEY

Im Rahmen einer Veranstaltung zur Stärkung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit von KI-Unternehmen in Europa hat Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut einen Zehn-Punkte-Forderungskatalog zum neuen europäischen Gesetz über Künstliche Intelligenz übergeben.

Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut unterstrich die Notwendigkeit für eine innovationsfreundliche Umsetzung des neuen europäischen Gesetzes über Künstliche Intelligenz (KI), das am 1. August 2024 in Kraft getreten ist „Viele Unternehmen sorgen sich vor übermäßiger Bürokratie durch das KI-Gesetz und sind verunsichert, wie sie die Anforderungen des Gesetzes praktisch umsetzen sollen. Das europäische KI-Gesetz (AI Act) darf die Innovationskraft der Unternehmen nicht strangulieren. Damit der ‚AI Act‘ zur Erfolgsgeschichte wird, müssen die Folgen für die Start-ups und den Mittelstand bei der weiteren Konkretisierung des Rechtsrahmens stärker berücksichtigt werden. Zudem muss das KI-Gesetz innovationsfreundlich, praxistauglich und in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) einheitlich umgesetzt werden, damit die EU im weltweiten KI-Wettbewerb nicht abgehängt wird“, so Hoffmeister-Kraut.

Gegenüber der Leiterin der neuen EU-Behörde für Künstliche Intelligenz (AI Office), Lucilla Sioli, betonte die Ministerin, dass bei der Konkretisierung des KI-Gesetzes die Auswirkungen auf Mittelstand und Start-ups besonders in den Fokus genommen werden müssen, da diese von bürokratischen Belastungen besonders betroffen seien. Darauf habe auch der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, erst vor wenigen Tagen in seinem Strategiebericht zur Wettbewerbsfähigkeit Europas eindrücklich hingewiesen.

Wir müssen alles daransetzen, europäische Unternehmen bei der Entwicklung und Anwendung von KI-Produkten zu unterstützen und so die enormen Potenziale für Wachstum und Produktivität innerhalb der EU zu nutzen. Wenn es der europäischen Wirtschaft nicht gelingt, sich als Entwickler und Hersteller von KI-Produkten zu etablieren und eine eigene Wertschöpfung anzustoßen, werden Anbieter aus den USA und China in diese Lücke stoßen – und zwar mit KI-Systemen auf Basis ihrer eigenen Wertvorstellungen“, so Hoffmeister-Kraut.

Vergangene Fehler dürfen nicht wiederholt werden

Jetzt gelte es, aus früheren Regulierungen wie der EU-Medizinprodukte-Verordnung die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen und Fehler nicht zu wiederholen, forderte Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut. „Die EU muss bei der Umsetzung des KI-Gesetzes darauf achten, dass ein vernünftiges Verhältnis zwischen Bürokratieaufwand und dem zu erwartenden Nutzen, dem Schutz vor einem konkreten Risiko für Sicherheit, Gesundheit und Grundrechte, gewahrt bleibt“, so die Ministerin.

Gleichzeitig forderte die Wirtschaftsministerin zusätzliche Anstrengungen, um die Innovationsfähigkeit der europäischen Wirtschaft auf dem Gebiet der KI zu verbessern. Die EU müsse zusätzliche Anstrengungen unternehmen, etwa bei Förderprogrammen und dem Ausbau von KI-Rechenzentren sowie einem besseren Zugang von Unternehmen zu Hochleistungsrechnern in der EU, so Hoffmeister-Kraut.

Übergabe eines Zehn-Punkte-Forderungskatalogs

Im Rahmen der Veranstaltung übergab Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut der Kommissionvertreterin Lucilla Sioli einen Zehn-Punkte-Forderungskatalog zur weiteren Umsetzung des KI-Gesetzes und zur Stärkung der EU als führender KI-Standort. Dr. Hoffmeister-Kraut sagte: „Mit diesem Forderungskatalog wollen wir einen konstruktiven Diskussionsbeitrag leisten, damit aus dem KI-Gesetz eine Erfolgsgeschichte wird.

An der Diskussionsrunde nahmen auch David Reger, Gründer und Geschäftsführer des in Metzungen ansässigen Unternehmen NEURA Robotics, und Moritz Gräter, der Geschäftsführer des Innovationsparks Künstliche Intelligenz (IPAI) in Heilbronn, zusammen mit dem Dr. Sergej Lagodinsky, Mitglied des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments, teil.

Einig waren sich die Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer darin, dass die Wettbewerbsfähigkeit Europas maßgeblich davon abhänge, dass die Innovationskraft der Unternehmen gestärkt werde. „Vor diesem Hintergrund müssen wir jetzt alles daransetzen, dass sich Europa wegen einer zu strengen KI-Regulierung nicht aus dem internationalen KI-Innovationswettbewerb verabschiedet“, so die Schlussfolgerung von Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut. Gerade für Baden-Württemberg, einem Bundesland, das sich in den vergangenen Jahren zu einem auch international sichtbaren Hotspot der Künstlichen Intelligenz entwickelt habe, wäre eine solche Entwicklung fatal, so die Ministerin. Neben dem Innovationspark Künstliche Intelligenz (IPAI) in Heilbronn seien das Cyber Valley im Dreieck Stuttgart, Tübingen und Karlsruhe, weltweit führend auf dem Gebiet der KI-Spitzenforschung, und die im ganzen Land verteilten KI-Exzellenzzentren und KI-Labs prägend für den KI-Standort Baden-Württemberg.

Zehn-Punkte-Papier

Wie kann aus dem AI Act eine Erfolgsgeschichte werden? Zehn Forderungen des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg an die Europäische Union

1. So wenig Bürokratie wie möglich

Jegliche Berichts- und Dokumentationspflichten bedeuten für Unternehmen Aufwand. Dabei trifft Bürokratie die Unternehmen nicht im gleichen Maße. Anders als Großkonzerne hat der Mittelstand in der Regel keine spezialisierten Abteilungen, die sich mit rechtlichen Vorgaben und Verwaltungsabläufen beschäftigen. In einem Marktumfeld mit hohen regulatorischen Anforderungen kann daraus ein echter Wettbewerbsnachteil für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Start-ups resultieren. Bei der weiteren Konkretisierung des AI Acts sollten Berichts- und Dokumentationspflichten daher möglichst sparsam eingeführt werden. Der jeweilige Bürokratieaufwand für die Unternehmen muss in einem angemessenen Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen, das heißt dem Schutz vor einem konkreten Risiko für Sicherheit, Gesundheit oder Grundrechte, stehen.   

2. EU-weit einheitliche Umsetzung sicherstellen

Von zentraler Bedeutung ist zeitnah eine innovationsfreundliche, rechtssichere und vor allem möglichst einheitliche Umsetzung der neuen Vorgaben des AI Acts in der gesamten EU. Hierfür sollten sich alle Akteure gemeinsam einsetzen, etwa durch die rasche Bereitstellung von verständlichen, praxistauglichen und abgestimmten Leitlinien und Best Practices. Es darf nicht passieren, dass Unternehmen – je nach Standort in der EU – aufgrund von abweichenden Auslegungen der Vorgaben in den einzelnen Mitgliedsstaaten vor unterschiedliche Anforderungen gestellt werden. Ein solcher „Flickenteppich“ würde gerade den EU-weiten Marktzugang von KMU hemmen. Dabei muss auch der Anschluss an internationale Standards für einen einfachen globalen Marktzugang gegeben sein.  

3. Unternehmensfreundliche Konkretisierung des Rechtsrahmens

Die EU muss die Spielräume für eine unternehmensfreundliche Konkretisierung des AI Acts nutzen, etwa bei der Ausgestaltung unbestimmter Rechtsbegriffe. Zentrale Aspekte wie die Definition von KI-Systemen, von Hochrisiko-KI-Systemen oder von wesentlichen Änderungen an diesen Systemen sollten dabei möglichst eng ausgelegt werden, um unverhältnismäßige Aufwände und Dokumentationspflichten bei den betroffenen Unternehmen zu vermeiden. Vorschriften, die Erleichterungen für Unternehmen bedeuten, sollten dagegen weit ausgelegt werden. Für die Unternehmen sind dabei möglichst schnelle, eindeutige und praxistaugliche Regelungen, Leitlinien und verbindliche Hilfsmittel wie White Lists entscheidend, damit sie frühzeitig und rechtssicher bewerten können, welche Anforderungen konkret zu erfüllen sind. Viele Unternehmen sind noch verunsichert im Umgang mit den abstrakten Anforderungen des AI Acts. Dem muss die EU entgegenwirken und schnell Klarheit schaffen, um diese Verunsicherung zu überwinden!

4. Anliegen von KMU und Start-ups müssen mehr Gehör finden

Bei der weiteren Konkretisierung des AI Acts muss die Stimme der KMU und Start-ups mehr Gehör finden. Dazu sollte die Europäische Kommission proaktiv auf KMU und Start-ups zugehen, um einschätzen zu können, wie sich die Regulierung in der Praxis auswirkt. Die üblichen Beteiligungsformate sind für Unternehmen oft zeitintensiv und in einem solch frühen Stadium, dass sich die Folgewirkungen der Vorschriften noch gar nicht abschätzen lassen. Aus diesen Gründen ist der Mittelstand in Beteiligungs-Gremien zur Regulierung und Standardisierung kaum vertreten. Ein alternativer Ansatz sind beispielsweise die sogenannten Praxischecks nach dem Vorbild der Bundesregierung, in denen betroffene Unternehmen, Verwaltungen und anderen Expertinnen und Experten gemeinsam praxistaugliche Lösungen für KMU und Start-ups entwickeln.

5. Effektives Zusammenspiel mit anderen Rechtsakten sicherstellen

Der AI Act steht nicht im rechtsleeren Raum, sondern reiht sich in eine umfangreiche Produktregulierung (zum Beispiel Medizinprodukte-Verordnung, Maschinen-Verordnung, Cyber Resilience Act) sowie weitere Gesetze wie die Datenschutz-Grundverordnung oder den Data Act ein. Das immer komplexere Geflecht an Vorschriften stellt Unternehmen vor eine große Herausforderung, zumal diese teils sogar widersprüchliche Vorgaben enthalten. Daher muss eine einheitliche Verwendung von Rechtsbegriffen und Risikoklassen in den verschiedenen Vorschriften sichergestellt werden. Widersprüche müssen aufgelöst, bereits etablierte Verfahren übernommen und der AI Act nahtlos mit den bestehenden Regulierungen verzahnt werden. Zudem muss es für Unternehmen möglich sein, in einem einzigen Verfahren die Konformität mit dem EU-Recht nachzuweisen. Doppelstrukturen und -aufwände, beispielsweise für Medizinprodukte oder Roboter, die KI-Systeme enthalten, müssen vermieden werden.

6. Mittelstandsfreundliches Verfahren für den Marktzugang

Der Marktzugang muss insbesondere für KMU und Start-ups schnell, unbürokratisch und kostengünstig möglich sein. Die Anwendung harmonisierter Normen und die Möglichkeit zur firmeninternen Konformitätsbewertung sind der Schlüssel dafür. Unternehmen werden diese Option jedoch nur nutzen, wenn sie wissen, dass sie damit rechtlich auf der sicheren Seite sind. Die EU sollte Unternehmen deshalb dabei unterstützen, etwa durch Bereitstellung von Leitlinien, Best Practices/White Lists sowie Werkzeugen für eine rechtssichere Konformitätsbewertung. Bei einer erforderlichen externen Konformitätsbewertung wird ebenfalls Transparenz über die Kosten und zeitlichen Abläufe benötigt. Hier sollten die nötigen Schlüsse aus der EU-Medizinprodukte-Verordnung gezogen werden. Beispielsweise sollten Unternehmen durch die notifizierten Stellen verbindlich innerhalb von wenigen Wochen prüfen lassen können, ob die eigene Technologie als Hochrisiko-KI eingestuft werden muss.

7. Chancenorientierte Kommunikation und unterstützende Organisationen

Nur wenn die Menschen in der EU Vertrauen in KI haben, können wir die immensen Potenziale dieser Technologie heben. Die Sensibilisierung und Aufklärung der Öffentlichkeit sowie die Förderung von KI-Kompetenz ist deshalb eine wichtige gemeinsame Aufgabe für die EU, die Mitgliedsstaaten und die Regionen. Unternehmen müssen ebenso wie Bürgerinnen und Bürger dazu ermutigt werden, sich aktiv mit KI auseinanderzusetzen. Aus unserer Sicht ist es entscheidend, dass dabei die Chancen europäischer KI ins Zentrum der Kommunikation gestellt werden! Wichtig ist außerdem die zukünftige Rolle des AI Office: Es darf sich nicht nur als Regulierungs- und Kontrollinstanz verstehen, sondern sollte seine Rolle vor allem auch darin sehen, Unternehmen bei der Entwicklung und Anwendung von vertrauenswürdigen KI-Lösungen zu unterstützen und die Innovationskraft und internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen KI-Wirtschaft zu stärken.

8. Schnelle Klarheit bei der Einrichtung der KI-Reallabore

Wir begrüßen die Einrichtung von KI-Reallaboren ausdrücklich. Dabei ist allerdings Eile geboten! Innovation braucht Geschwindigkeit in diesem sich weltweit äußerst agil entwickelnden Feld. Ziel der KI-Reallabore muss es sein, den Markteintritt neuer KI-Produkte zu beschleunigen und möglichst unbürokratisch Zertifizierungen in den Prozess zu integrieren. Die konkreten Erkenntnisse aus den KI-Reallaboren sollten dann genutzt werden, um die regulatorischen Rahmenbedingungen für alle Unternehmen zu verbessern. Damit tatsächlich Experimentierräume eingerichtet und neue KI-Systeme erprobt werden können, muss die EU den Rechtsrahmen möglichst schnell konkretisieren. Darüber hinaus sollte die EU nach dem Vorbild der AI Testing and Experimentation Facilities den Aufbau eines koordinierten Netzwerks von KI-Reallaboren in Bereichen, die für die europäische Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind, finanziell fördern.

9. Auswirkungen beobachten und daraus lernen

Die digitale Welt entwickelt sich in rasantem Tempo weiter. Die Umsetzung des AI Acts muss damit Schritt halten. Seine Vorgaben sollten im Sinne eines lernenden Systems an die Entwicklungen angepasst werden, um nicht zum Hemmschuh für Innovationen „made in EU“ zu werden. Gerade bei einer Schlüsseltechnologie wie KI, bei der Europa sich in einem intensiven globalen Wettbewerb befindet, sollte die EU die Auswirkungen der Regulierung auf die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen eng beobachten und bei Bedarf schnell und konsequent nachsteuern. In diesen Prozess sollten insbesondere KMU und Start-ups aktiv einbezogen werden. Im Ergebnis muss es beispielsweise möglich sein, Bürokratieaufwände wie etwa Berichtspflichten wieder zu reduzieren oder ganz abzuschaffen, um so die europäische Wirtschaft im globalen Wettbewerb zu stärken.

10. Europäische Innovationsarchitektur stärken

Schließlich muss Europa seine Innovationsfähigkeit auf dem Gebiet der KI durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen insgesamt weiter stärken. Es braucht zusätzliche Anstrengungen in verschiedene Richtungen wie Fachkräftesicherung, gezielte Förderprogramme für Forschung, Entwicklung und Innovation mit Schwerpunkt auf vertrauenswürdiger KI, den weiteren Ausbau von KI-Rechenkapazitäten und einen besseren Zugang zu High-Performance-Computern für Unternehmen, insbesondere auch im Zusammenhang mit Basismodellen Generativer KI, sowie die Förderung von relevanten Unternehmensansiedlungen und -erweiterungen. Dabei darf der Fokus nicht allein auf der Förderung strukturschwacher Regionen liegen, sondern Europa muss insbesondere auch seine international sichtbaren Leuchttürme und industriellen Leitregionen weiter stärken!

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